Österreich hat sich aktiv zu einem attraktiven Standort für Anbieter von Blockchain-basierten Produkten entwickelt, wobei die Regierung selbst mit der Technologie experimentiert und versucht, eine rechtliche Grundlage zu schaffen, auf der Unternehmen sie nutzen können.
In Bezug auf Blockchain-basierte Anwendungen in der Wirtschaft befindet sich Österreich jedoch noch in der Experimentierphase, wobei die meisten Unternehmen noch Pilotprojekte durchführen. Dennoch sehen Politiker und Ökonomen Potenzial für ausgewählte Branchen.
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Verwaltungsreform via Blockchain
Die österreichische Regierung ist Blockchain-Innovationen abgesehen von Kryptowährungen recht aufgeschlossen und hat verschiedene Projekte im öffentlichen und privaten Sektor unterstützt.
2019 gründete ein Konsortium von Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung die Austrian Public Service Blockchain (APSB). Aktive Teilnehmer der APSB – also Betreiber eigener Blockchain-Knoten – sind unter anderem die Wirtschaftskammer Österreich, die Stadt Wien, das Bundesrechenzentrum und die Wirtschaftsuniversität Wien. Ein Teilnehmer, die Kontrollbank, befindet sich noch in der Aufbauphase.
Inzwischen entwickelt sich parallel dazu die privatwirtschaftliche Blockchain-Infrastruktur, und Anfang 2021 wurde der Verein Blockchain Initiative Austria (BIA) gegründet, um diesen Zweck voranzutreiben. Austriapro – ein Entwickler von Electronic-Business-Standards – arbeitet mit dem Austrian Blockchain Center zusammen, um den Aufbau einer sicheren Infrastruktur für die privatwirtschaftliche Blockchain-Nutzung in Österreich zu unterstützen. Vereinsmitglieder werden die Blockchain-Knoten gemeinsam in Form einer „Konsortialkette“ betreiben.
Das erste Pilotprojekt von APSB und BIA umfasst Datenzertifizierung und Beglaubigung. Dabei werden digitale Fingerabdrücke von Dateien auf die Blockchain gelegt, um zu einem späteren Zeitpunkt die Unverändertheit der Daten nachweisen zu können.
Darüber hinaus stellt die Wirtschaftskammer Österreich Unternehmen und Startups Informationen zur Blockchain-Technologie zur Verfügung, einschließlich eines ausführlichen Ratgebers, um festzustellen, ob Blockchain für bestimmte Anwendungen sinnvoll ist.
Um die Technologie in der Wirtschaft stärker zu fördern, hat die Wirtschaftskammer Österreich einen Arbeitskreis Blockchain eingerichtet. Seine Teilnehmer tauschen sich vor allem zu Blockchain-Themen aus, diskutieren aktuelle Initiativen und Best Practices und organisieren regelmäßig Events.
Zunehmendes Interesse von traditionellen Finanzinstituten
Der Blockchain-Markt in Österreich und seine Anwendungsgebiete verändern sich ständig. Neben der Regierung treiben auch Fintech-Unternehmen und kleine Finanzinstitute die Technologie voran.
Anwendungsbereiche sind unter anderem Kryptohandel, Mining, Verwahrungs- und Zahlungsdienste sowie Finanzierungen über Initial Coin Offerings, Initial Token Offerings und Security Token Offerings.
In letzter Zeit hat die dezentrale Technologie jedoch auch das Interesse traditioneller Finanzinstitute geweckt. So hat beispielsweise die Raiffeisen Bank – Österreichs zweitgrößte Bank – im Herbst 2020 damit begonnen, mit einem eigenen Stablecoin mit Eurobindung zu experimentieren. Mitarbeiter können damit bereits in der firmeneigenen Kantine einkaufen.
Auch die Raiffeisenbanken Genossenschaftsbanken setzen auf Innovation. Die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte bietet beispielsweise seit 2021 Anlageberater für Bitcoin (BTC) an. Sie beabsichtigt, Kunden noch in diesem Jahr Dienstleistungen für den Handel mit Kryptowährungen anzubieten.
Auch die Oesterreichische Nationalbank (OeNB), Österreichs Zentralbank, experimentiert mit Blockchain. 2021 startete in Österreich ein neues Forschungsprojekt namens Delivery vs. Payment Hybrid Initiative, kurz DELPHI. Ihr Ziel ist es, die Emission von Bundesanleihen gegen die Emission eines digitalen Euro zu testen. Zu den Teilnehmern von DELPHI gehören die OeNB; die österreichische Bundesfinanzierungsagentur, die die Staatsschulden des Landes verwaltet; und die auf die Zentralverwahrung von Wertpapieren spezialisierte OeKB CSD, eine Tochtergesellschaft der Oesterreichischen Kontrollbank.
Dabei forschen österreichische Finanzinstitute an der Aufnahme und Abwicklung von Bundesanleihen mittels Blockchain-Technologie. Die OeNB plant auch die Entwicklung einer digitalen Zentralbankwährung.
Die Notierung eines Bitcoin-Produkts an der Wiener Börse im September 2020 war ein weiterer wichtiger Schritt und markiert den weltweit dritten offiziellen regulierten Markt, der ein solches Produkt notiert. Damit können sowohl Bitcoin- als auch Ether (ETH)-Produkte des Schweizer Emittenten 21Shares AG an der Börse gehandelt werden. Im August 2021 gab auch die Wiener Börse die Notierung von börsengehandelten Krypto-Produkten der ETC Group bekannt.
Strom-Sharing als Energiemodell der Zukunft
Wien Energie, Österreichs größter Energieversorger, testet derzeit die Einsatzmöglichkeiten von Blockchain und Smart Contracts in Strom-Sharing-Modellen. Gemeinsam mit dem Startup Riddle & Code hat der österreichische Stromanbieter im Juni 2021 eine Blockchain-Infrastruktur entwickelt, die den Peer-to-Peer-Handel von Strom ermöglicht.
Menschen können sich zu einer privaten P2P-Energiegemeinschaft zusammenschließen und ihren selbst produzierten Solarstrom über die Blockchain untereinander verkaufen. Typischerweise werden für die Einspeisung, Verteilung und den Weiterverkauf von Energie über das Stromnetz hohe Gebühren erhoben. Aber mit dem Strom-Sharing-Modell kann dieser Prozess dank der Blockchain ohne Zwischenhändler stattfinden.
Wien Energie plant, seine Lösung um Smart Grids zu erweitern, über die dezentrale Versorger Energie basierend auf ermitteltem Angebot und Bedarf innerhalb eines Netzes einspeisen werden.
Auch die Salzburg AG und die Verbund AG, zwei führende Energieunternehmen in Österreich, arbeiten an Blockchain-basierten Peer-to-Peer-Handelslösungen.
Krypto-Steuerreform auf dem Vormarsch
Österreichische Krypto-Investoren sehen sich neuen steuerlichen Regelungen gegenüber. Eine Steuerbefreiung, die Anleger zuvor in Anspruch genommen haben, ist am 1. März verschwunden, und Kryptoeinkünfte werden nun mit 27,5 % besteuert, unabhängig davon, wie lange die Vermögenswerte gehalten werden. Die neue Steuer gilt für alle Kryptowährungen, die seit dem 28. Februar 2021 erworben wurden.
Österreichische Krypto-Investoren sehen sich neuen steuerlichen Regelungen gegenüber. Eine Steuerbefreiung, die Anleger zuvor in Anspruch genommen haben, ist am 1. März verschwunden, und Kryptoeinkünfte werden nun mit 27,5 % besteuert, unabhängig davon, wie lange die Vermögenswerte gehalten werden. Die neue Steuer gilt für alle Kryptowährungen, die seit dem 28. Februar 2021 erworben wurden.
Die neue Krypto-Steuerreform ist ein weiterer Schritt, Kryptowährungen genauso zu behandeln wie die traditionellen Aktien- und Anleihenmärkte. Mit diesen neuen Regelungen will das Land mehr Rechtsklarheit für Investoren schaffen und damit Vertrauen in die neue Technologie schaffen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob es der österreichischen Regierung gelingen wird, neue Geschäftsmodelle und Anwendungen im Blockchain-Bereich voranzutreiben.
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